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Friedhofszeit

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cross-1499505Vor kurzem fiel mir ein Aufschrieb aus dem Jahre 2004 wieder in die Hände. Aus den Gedanken von damals, die ich mit Interesse gelesen habe, ist dieser Beitrag entstanden. Die Inhalte auf diesem Zettel sind mittlerweile zwar über elf Jahre alt, haben aber im Großen und Ganzen nichts an Aktualität verloren. Die Gedankengänge sind nicht gerade angenehm aber dafür vielleicht umso hilfreicher.

Deshalb möchte ich diesen Blickpunkt dazu nutzen, mich mit Ihnen gemeinsam, gedanklich an einen Ort zu begeben, an den wir nicht so gerne denken und der eher negative Gefühle in uns hervorruft - den Friedhof. Die Essenz der folgenden Zeilen habe ich, wie gesagt, bereits 2004 zu Papier gebracht, aber vielleicht können Sie ja was damit anfangen.

Ein Ort der Bewusstheit

November 2004 - Heute war ich auf dem Friedhof. Nach langem Drängen habe ich dem Wunsch meiner Mutter entsprochen und wir haben uns gemeinsam daran gemacht, Gräber von Familienangehörigen abzuräumen, also für den Winter vorzubereiten. Eine Arbeit die mir nicht sonderlich viel Freude bereitet, da mich schon alleine die Örtlichkeit deprimiert. Aber ich hatte es schließlich versprochen, und so hielt ich mich auch daran.

Meine Mutter ließ sich nicht davon abbringen mitzuhelfen. Sie konnte zwar selbst kaum noch gehen, aber sie fühlte sich wohl wertlos, wenn sie nicht das erledigen konnte, was sie für ihre Aufgabe hielt. Und so tat ich zumindest so, als würde ich mich über die Hilfe freuen, obwohl ich ohne diese sicher einiges schneller fertig gewesen wäre.

Allerdings hatte es auch etwas Positives, dass ich zwischendurch immer mal wieder warten musste, bis sie mit ihrer Arbeit hinterher war. Ich war dadurch gezwungen mein Tempo zu reduzieren und mir das zu nehmen von dem ich mir zuletzt so wenig gegönnt hatte - Zeit. Und es passierte etwas Erstaunliches. In etwa so, wie wenn morgens die Dunkelheit der aufgehenden Sonne weicht, wurden mir immer mehr Einzelheiten meiner Umgebung bewusst, je länger ich mir Zeit dafür nahm.

Zum Beispiel traten plötzlich die zahlreichen Grabsteine in verschiedenen Formen in mein Bewusstsein. Letzte Zeichen von Status und Wertschätzung, welche die Personen genossen hatten, denen sie gewidmet waren. Vom aufwändigen Marmor mit kunstvoller Gravur bis hin zum schlichten Holzkreuz. Alle Sorten waren vertreten und deuteten auf Familienverhältnisse, Überzeugungen und letztlich auch auf arm oder reich hin.

Ein Ort der verlorenen Träume

shattered-dreams-1190024Mit leichtem Schaudern stellte ich außerdem fest, dass mich mittlerweile mit vielen Personen die hier begraben liegen, eine gemeinsame Geschichte verband. Kurz gesagt, im Gegensatz zu früher kannte ich die Mehrheit der Verstorbenen nun persönlich und wusste, dass sie vor einiger Zeit noch genau wie ich, hier herum liefen, Freude und Leid empfanden und sich Sorgen um die Zukunft machten.

Wie viele Träume und Sorgen lagen hier wohl begraben? Wie viele Geschichten wurden hier unerzählt mitgenommen? Wie viele von ihnen hetzten wohl durchs Leben um ihre Pflicht zu erfüllen und ihren Lebensunterhalt zu sichern? Wie viele opferten wohl ihre Gegenwart für eine Zukunft die nie kam?

Es tut gut, ab und zu aus seinem Laufrad herauszuspringen und, auf diese Weise, etwas Zeit mit seinen Gedanken zu verbringen. Das Leben ist ein Geschenk und angesichts der Vorauswahl und dem Konkurrenzkampf der im Vorfeld unserer Entstehung vor sich geht ist es auch ein Privileg, ein Geschenk und ein Wunder, dass wir es bis hierher geschafft haben. Was werden wir wohl antworten, wenn uns am Ende unseres Weges mal jemand fragen sollte: "Was hast du aus diesem Geschenk gemacht?"

Was müssten Sie antworten, wenn es heute soweit wäre? Ich habe das getan was andere von mir erwartet haben? Ich habe das getan was ich wollte? Oder gar, ich habe das hingenommen was andere aus mir gemacht haben? Was wäre Ihre Antwort? Fühlen Sie sich vielleicht auch viel zu oft als Opfer Ihrer Umstände? Was können Sie ändern und was wollen Sie überhaupt ändern? Manchmal sind solche Fragen gar nicht so einfach zu beantworten, oder?

Der Weg macht den Großteil unseres Lebens aus - nicht das Ziel

Das Leben wäre einfacher, wenn man sich keine Gedanken darüber macht und es einfach lebt. Da ist schon was dran, finden Sie nicht?Allerdings ist in der Natur nichts unnütz und wenn uns ein Verstand gegeben wurde, mit dem wir planen und reflektieren können, dann wird es auch wahrscheinlich auch Einsatzgebiete geben, wo das von Nutzen ist. Die Dosis macht hier, wie so oft, das Gift.

dreaming-1457807 (1)Viel zu oft planen wir nämlich akribisch ein Leben, das dann viel zu früh endet. Viel zu oft opfern wir die Gegenwart für eine Zukunft, die dann gar nicht kommt, oder durch unvorhergesehene Umstände nicht so, wie wir das geplant haben. Viel zu oft vergessen wir, dass der Weg den Großteil unseres Lebens ausmacht, nicht das Ziel. Auch wenn es den Wenigsten gelingen wird, wirklich im Hier und Jetzt zu leben und sich am puren Sein zu erfreuen, so können wir doch bewusst mehr solcher Momente in unser Leben bringen - auch und gerade dann, wenn uns der Alltagsstress aufzufressen droht.

Ein Friedhof ist ein guter Ort für mehr Bewusstsein. Die menschliche Vergänglichkeit ist dort allgegenwärtig und die verzweifelten Versuche, letzte Statussymbole und Unterschiede zu signalisieren, werden hier in ihrer ganzen Lächerlichkeit verdeutlicht. Niemand hat es je genießen können, der reichste und bedeutendste Mensch auf dem Friedhof zu sein. Die sterblichen Überreste sind schon nach kürzester Zeit nicht mehr voneinander zu unterscheiden, wenn sie in ihre Ursprünge zerfallen.

Verzeihen Sie mir den makaberen Vergleich und die etwas gruselige Vorstellung, aber mir wurde damals, bei der Arbeit auf dem Friedhof, dadurch sehr deutlich vor Augen geführt, was wirklich von Bedeutung ist und für was wir stattdessen oft unsere Lebenszeit opfern. Vielleicht helfen Ihnen diese Gedanken ebenfalls den Blick wieder gerade zu rücken, wenn Sie mal wieder in furchtbar wichtigen Angelegenheiten verstrickt sind und vor lauter Wald die Bäume nicht mehr sehen.

Opfern Sie keine Lebenszeit für Dinge, die Sie eigentlich gar nicht tun wollen

Fragen Sie sich, was Ihnen davon noch wichtig erscheinen wird, wenn Sie in hoffentlich weit entfernter Zeit, Ihren letzten Weg antreten müssen und auf Ihr Leben zurückblicken. Welche Bedeutung würden Sie Ihren jetzigen Problemen dann noch beimessen? Was würden Sie sich stattdessen wünschen? Womit würden Sie sich im Nachhinein wünschen, stattdessen mehr Zeit verbracht zu haben? Und dann tun Sie in Zukunft genau von dem immer mehr. Verbringen Sie Ihre Zeit mit den Dingen, die Ihnen wirklich wichtig sind und die Sie gerne tun.

Sie haben eine begrenzte Zeit hier auf Erden. Verschwenden Sie sie nicht mit Dingen, die Sie eigentlich gar nicht tun wollen. Opfern Sie nicht Ihre Lebenszeit nur für Ruhm und Geld. Beides ist genauso vergänglich wie Sie. Finden Sie stattdessen Ihre Berufung, Ihren Sinn im Leben oder geben Sie Ihrem Leben diesen Sinn. Genießen Sie den Weg und die Entwicklung, die Sie dabei nehmen werden und wenn sich dadurch dann auch Ruhm und Reichtum als Nebeneffekte einstellen - umso besser. Aber es ist nicht der Zweck Ihres Seins.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Finden Ihres Wegs und beim Entschluss diesen auch zu gehen. Es ist Ihr Leben.

Alles Gute und
bis bald
Ihr

Gerd Ziegler

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