Wenn es um Selbstverwirklichung geht überschlagen sich die Menschen oft mit Erklärungen und nachvollziehbaren Gründen, warum das für sie nicht so einfach ist oder warum es speziell bei ihnen nicht geht. Ich habe das während der Zeit erlebt, als ich Webmaster ausbildete und ebenso in Zeiten, in denen ich als Berater mit angehenden und bestehenden Unternehmen zu tun hatte. Ich muss erst dies noch lernen, oder das noch fertig machen. Ich muss dies oder jenes noch besser hinkriegen oder jenes optimieren. Der Zeitpunkt ist einfach noch nicht ideal um meine Träume zu verwirklichen.

Am letzten Wochenende war ich als Teilnehmer auf einem Seminar bei dem es die Nutzung bestimmter Internetkanäle als Geschäftsgrundlage ging. Der Seminarleiter war bereits erfolgreich in diesem Bereich tätig, wusste also wovon er sprach. Trotzdem herrschte bei einem Teil der Zuhörer große Skepsis, ob das bei ihnen genauso gut funktionieren kann. “Ja Sie kommen vor der Kamera gut rüber”, oder “Sie haben halt auch eine gute Stimme – mich dagegen will da bestimmt keiner hören.” Oder: “Wenn man damit eine große Menge an Menschen erreicht dann wird das Ganze auch interessant für bekannte Menschen, die man interviewen kann etc. – aber wo krieg ich die Reichweite her, wenn ich diese Menschen noch nicht für mich begeistern kann?”

Mein dezenter Hinweis, dass es genauso funktioniert wie bei jedem Projekt – Schritt für Schritt – erntete ich Ignoranz, weil es sich ja um eine Binsenweisheit handele. Das ist es wohl auch, aber verstanden scheint sie noch nicht zu sein. Wir haben mit Wissen-ist-Macht.tv zunächst für einen ganz kleinen Kreis von Menschen Beiträge erstellt und trotzdem interessante Interviewpartner gefunden, die einfach von der Idee begeistert waren. Fragen kostet nichts. So einfach ist das. Als wir die ersten bekannten Persönlichkeiten veröffentlicht hatten, waren die Türen auch bei vielen anderen offen. Das läuft natürlich auch heute noch nicht von alleine und ohne Schwierigkeiten, aber es läuft, auch wenn es am Anfang nicht perfekt ist. Tatsächlich wird es nie perfekt sein.

Ich kenne dieses Phänomen des unnötigen Zeitverlusts beim Start vom Schreiben her. Viele Menschen haben ein tiefes Bedürfnis sich schriftlich zum Ausdruck zu bringen. Doch aus Angst, niemals so gut schreiben zu können, wie der eigene Lieblingsautor, oder die Lieblingsautorin, fängt man erst gar nicht an. Dass auch der berühmteste Schriftsteller / die berühmteste Autorin ab und zu richtigen Schrott abgeliefert hat und die Perfektion des Schreibens ein Resultat von ständiger Übung und viel Lektorat ist, das übersehen wir gerne. Julia Cameron schreibt in ihrem Buch “Von der Kunst des Schreibens”, Schreiben sei wie Sex. Es fühlt sich gut an, unabhängig davon ob wir gut darin sind. Probleme treten erst durch das Vergleichen und den Leistungsgedanken auf.

Damit hat sie es außerordentlich gut auf den Punkt gebracht und ich möchte ergänzen, dass dies für alle anderen Bereiche unseres Lebens ebenso gilt. Wer beim Sex unbedingt als perfekte/r Liebhaber/in starten will, wird wahrscheinlich im Kloster landen. Wer mit dem Schreiben wartet bis er die Kunst der Prosa verinnerlicht hat, der wird nie ein Wort zu Papier bringen. Und wer mit seinem Traum vom eigenen Business wartet, bis er alle Faktoren kennt und beherrscht, der sorgt automatisch dafür, dass es ein Traum bleibt und außer Frust nicht viel zurück bleibt.

Unsere Aufgabe ist es zu wachsen und uns zu entwickeln. Das setzt voraus, dass wir gestern ein bisschen unvollkommener waren als heute, und heute ein bisschen unvollkommener als morgen. Selbst wenn wir Rückschläge erleiden, haben wir die Chance daran zu wachsen – oder die Wahl es zuzulassen, dass wir daran zerbrechen.

Das heißt nicht, dass Sie sich Hals über Kopf in jedes Abenteuer stürzen sollen, nur weil es gerade reizvoll erscheint. Eine gesunde Portion Analyse im Vorfeld, was mit einem solchen Schritt alles zusammenhängt und warum ich das haben möchte, schadet mit Sicherheit nicht. Die Dosis macht das Gift. Gestehen Sie sich Unsicherheit, Unvollständigkeit und Fehlerhaftigkeit zu – das sind normale Begleiter jedes Anfangs.

Das unterscheidet auch Unternehmer und Unterlasser. Der Unternehmer / die Unternehmerin ist bereit auch bei Nebel und ohne Navi zu starten, weil er / sie weiß, dass sich der genaue Weg sowieso erst beim Gehen zeigt. Haben Sie den Mut schlecht zu starten, schlecht zu schreiben, schlechte Entscheidungen zu treffen und zunächst Fehler zu machen. So lernt man dazu und findet nach und nach seinen Weg und es öffnen sich Türen, von denen man vorher gar nichts wusste. Wenn man nicht losläuft wird man auch nie von ihnen erfahren. Man bestaunt dann nur, wenn es wieder mal einer geschafft hat, wir bei ihm im Seminar sitzen und ihm oder ihr erklären, warum das bei uns nicht geht.

Denken Sie an das Beispiel mit dem Sex. Ihr Weg muss Ihnen Freude und Erfüllung bringen, auch wenn Sie noch kein Weltmeister auf ihrem Gebiet sind. Wenn Sie den Leistungs- und Perfektionsdruck in Ihrem Kopf abschalten, können Sie befreit von Ihren Ängsten starten. Alleine dadurch werden Sie schnell besser in dem was Sie tun. Wir sind ein Werk im Werden. Kein Grund also unnötig zu zögern. Gehen Sie es an.

Alle, die es noch nicht gelesen haben und sich weiter für dieses Thema der eigenen Entwicklung interessieren, finden im Buch “Vom Traum zum Ziel – endlich nach meinen eigenen Vorstellungen leben”, weitere Blickpunkte und auch ganz konkrete Übungen zu diesem Thema.

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Bis bald
Ihr
Gerd Ziegler