Von der Kunst sich selbst etwas wert zu sein
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“Genug?”
“Nein - es ist nie genug.”
“Man kann immer noch ein bisschen mehr tun.”
Vielleicht kennen Sie auch solche Menschen, die sich für andere aufopfern und sich selbst dabei vergessen. Möglicherweise kennen Sie einen besonders gut, falls Sie davon selbst betroffen sind.
Ich jedenfalls habe diese, ansich positive, Grundeinstellung sehr komprimiert mit auf den Weg bekommen. Meine Mutter war eine Meisterin der Selbstaufopferung. Sie tat sich zum Schluss sogar schwer damit ein Geschenk anzunehmen, ohne gleich wieder irgendetwas zurück zu schenken.
Sie wollte diejenige sein, die gibt und auf keinen Fall als jemand gelten, der nimmt. Heute, viele Jahre und Seminare später, weiß ich, dass es mangelnder Selbstwert war, der dieses Verhalten hervorgerufen hat. Damals dachte ich, so muss man eben sein - selbstlos, hilfsbereit und immer für andere da.
Mangelnder Selbstwert schadet auch anderen
Wie schon gesagt - ansich sind das positive Eigenschaften. Für andere da zu sein und zu helfen wo Not am Mann ist - das ist aller Ehren wert. Nur wenn man es übertreibt und sich selbst dabei vergisst, ist es nicht mehr lustig und schon gar nicht positiv. Wer sein DA-SEIN ausschließlich nutzt, um für andere da zu sein, der opfert erstens sein persönliches Glück und nimmt demjenigen, dem er oder sie eigentlich helfen wollte, die Selbständigkeit und die Chance auf Wachstum.
Wenn ständig jemand da ist, der einem die Herausforderungen und Belastungen des Lebens abnimmt, dann hat man nicht die Möglichkeit daran zu wachsen.
Sie und ich - wir haben alle unsere Probleme und Herausforderungen, mit denen wir umgehen müssen. Wenn Sie mal zurückdenken, was Ihnen früher alles wie ein unlösbares Problem erschienen ist, wie sehen Sie das heute, nachdem Sie es gelöst haben?
Probleme, die wir als ernsthafte Belastung empfinden, erscheinen zunächst immer größer, als wir selbst. Wir wissen zunächst nicht, wie wir sie lösen können. Wir sind verzweifelt, weil es keinen Ausweg zu geben scheint. Wir müssen kämpfen, dazu lernen, größer werden, um das alles auf die Reihe zu bekommen.
Wenn wir es geschafft haben und zurückblicken, war es oft gar nicht so schwer, oder? Wenn ein ähnliches Problem nochmal auftaucht, bringt uns das nicht mehr groß aus der Ruhe, denn wir wissen jetzt, wie wir ihm begegnen können.
Inzwischen sind wir über das Problem hinausgewachsen. Dafür gibt es genügend Beispiele. Angefangen vom Fahrrad oder Auto fahren, das am Anfang eine Riesen-Herausforderung war, und als uns jemand gezeigt hat, wie es geht und nach ein wenig Übung, ging es immer besser. Heute denken wir nicht mal mehr darüber nach, was wir im Einzelnen tun, wenn wir ein Fahrzeug in Gang setzen. Es hat sich automatisiert. Auf keinen Fall betrachten wir es noch als Problem.
Im persönlichen, menschlichen Bereich verhält es sich genauso. Denken Sie an den Berg an Herausforderungen, vor dem Sie standen, als Ihre Berufsausbildung anfing. Wie schwer Ihnen alles vorgekommen ist. Wie fremd alles war. Und nach einer angemessenen Zeit der Einarbeitung schafft man das und es wird mit der Zeit zur Routine.
Herausforderungen und Probleme dienen dazu, dass wir daran wachsen können
Das alles ist so, weil wir an unseren Aufgaben wachsen, wenn sie uns zunächst überfordern. Wir sind gezwungen etwas dazu zu lernen und uns weiterzuentwickeln, um den neuen Herausforderungen gewachsen zu sein. Geistiger und körperlicher Rückbau beginnt und beschleunigt sich, wenn wir uns keinen solchen Herausforderungen mehr stellen müssen.
Unser Selbstwertgefühl spielt hier in mehrerlei Hinsicht eine wichtige Rolle. Erstens wächst es mit jeder bestandenen Prüfung, mit jeder überwundenen Herausforderung. Es ist aber auch extrem gefährdet, wenn wir es von diesen Ereignissen im Außen abhängig machen. Und in der letzten Auswirkung, schaden wir dann auch noch anderen, weil wir ja unbedingt jemanden brauchen, dem wir helfen können, und von dem wir unseren Selbstwert beziehen können.
Eines vorweg - ich spreche hier nicht von notwendiger Hilfe in einem Notfall, oder der Unterstützung für jemand, der sich nicht selbst helfen kann. Das sollte eine Selbstverständlichkeit sein. Es geht hier um übertriebene Fürsorge und gut gemeintes Behüten, das mögliche Entwicklung beim Unterstützten verhindert.
Manche Menschen denken, sie müssten erst Großes leisten und etwas Besonderes schaffen, sich aufopfern oder ähnliches, bevor sie etwas wert sind.
Erst wenn die eigene Leistungsbilanz deutlich zu Gunsten der anderen ausfällt, hat man etwas geleistet und hat sich selbst wertvoll gemacht. Man hat Wert geschaffen für andere.
Im Grunde ist diese Aussage ja auch nicht falsch. Wenn Sie ein Unternehmen führen, oder für ein Unternehmen arbeiten, müssen Sie im Geschäftsleben erst mal Ihren Wert für Ihre Kunden, oder Ihren Arbeitgeber unter Beweis stellen. Erst danach erhalten Sie diesen Wert, in Form von Geld wieder zurück.
Diese Leistungsbilanz lässt sich aber nicht auf das Leben ansich übertragen, auch wenn wir das gerne tun. Hier wirkt sie sich fatal aus. Denn wenn wir uns die Währung anschauen, mit der hier im Anwendungsfall bezahlt werden müsste, zeigt sich das Dilemma klar und deutlich.
Im Geschäftsleben bringen wir einen bestimmten Wert in den Markt ein und erhalten mehr oder weniger genau, diesen Wert in Form von Geld zurück. Beim selbstlosen Einsatz für andere, wollen wir offensichtlich nichts für unser Tun haben. Menschen reagieren fast schon empört, wenn man sie für solche Dienste bezahlen will, oder wenn jemand für eine gute Sache Geld verlangt. Das gilt dann als höchst unseriös.
In Wirklichkeit ist das fast immer eine Lüge, die wir uns selbst erzählen. Die Währung, in der solche selbstlosen Handlungen “bezahlt” werden, heißt Anerkennung und Liebe. Zumindest erhoffen sich das viele Menschen, bewusst oder unbewusst.
Wahrer Selbstwert speist sich von innen
Tatsächlich speist sich wahre Liebe, genau wie wahrer Selbstwert, von innen. Sie sind der erste, und im Normalfall auch der einzige Mensch, der sich selbst etwas wert sein muss, der sich selbst annehmen und lieben muss. Wenn Ihnen das nicht gelingt, müssen Sie diese Gefühle immer von außen beziehen. Sie sind immer abhängig davon, sich die Zuneigung durch Leistung für andere zu verdienen.
Wahre Liebe ist aber nicht abhängig von Leistung. Sie ist bedingungslos. Selbstliebe ist die Voraussetzung dafür, diese bedingungslose Liebe auch an andere weiter zu schenken. Nicht zu verwechseln mit weitergeben - das machen viele, aber eben unter der Bedingung, dass die anderen unseren Vorstellungen entsprechen.
Selbstliebe und Narzissmus oder übertriebener Egoismus - diese Begriffe werden gerne durcheinander geworfen. Dabei ist ein Egoist, der sich ausschließlich um sich selbst kümmert und dem andere egal sind, so ziemlich das Gegenteil von einem Mensch, der es versteht sich selbst anzunehmen und zu lieben. Diese Verwechslung führt oft zu der Fehlannahme, man dürfe sich nicht selbst lieben. Das wäre etwas Schlechtes.
Gibt es jemand in Ihrem Leben, der Sie bedingungslos liebt, egal was Sie tun, oder nicht tun? Gibt es jemand, den Sie bedingungslos lieben, egal wie er oder sie sich verhält oder ist?
Zumindest eine solche Person sollte es in Ihrem Leben geben, die Sie stark macht, für die Herausforderungen des Lebens - Sie selbst.
Wenn Sie aufhören, Ihren Selbstwert von der Leistung abhängig zu machen, die Sie für andere erbringen. Wenn es Ihnen gelingt, sich selbst etwas wert zu sein - ohne dass Sie das an Bedingungen knüpfen, dann kehrt sich alles um. Sie werden dadurch auch für andere wertvoller und oft auch mehr wertgeschätzt. Denn nun leben Sie aus einer inneren Stärke heraus und nicht mehr in Abhängigkeit von der Wertschätzung anderer.
Aber wie bekommt man ein besseres Selbstwertgefühl?
Je nachdem wie Sie erzogen wurden, oder welche Glaubenssätze und Überzeugungen Sie von Ihrem Umfeld mitbekommen haben, ist das gar nicht so einfach. Lang gepflegte Gewohnheiten und Denkweisen lassen sich nicht mit einem Fingerschnipp mal eben über Bord werfen.
Es ist im Grunde zwar einfach, aber nicht leicht.
Sie haben genau den Wert, den Sie sich geben.
Bitte überlesen Sie diesen Satz nicht einfach. Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich diesen Satz in seiner Tiefe wirklich verstanden habe. Vielleicht geht es Ihnen genauso, weil er nach einer Binsenweisheit klingt.
Tatsächlich lässt sich dieser Satz leicht daher sagen und spontan werden ihm auch viele Menschen zustimmen. Aber nur wer ihn, in seiner Bedeutung auch wirklich als wahr betrachtet und danach handelt, wird die Auswirkungen auch erleben.
Wenn Sie im Moment noch nicht davon überzeugt sind, viel wert zu sein, wenn Sie glauben sich die Liebe anderer erst verdienen zu müssen, dann reicht es nicht ein paar Mal zu sagen, dass man sich liebt und wertschätzt. Für einen wirklichen Wandel muss der eigene Kopf, das eigene Herz und die Seele erst Mal überzeugt werden. Schließlich haben Sie auf allen Ebenen bisher etwas anderes kommuniziert.
Deshalb reicht es nicht Affirmationen zu sprechen und ein paar Mal am Tag etwas Positives über sich zu sagen. Sie müssen auch so denken und handeln, wie jemand mit einem hohen Selbstwertgefühl. Sie müssen sich selbst etwas gönnen - einfach so. Auszeiten, Pausen, mal nicht für alle erreichbar sein, mal nicht allen helfen, die danach fragen. Was immer es ist, was Sie gerne tun, oder haben möchten - seien Sie es sich wert.
Für manche ist das ein guter Kaffee an einem Sommertag in der Sonne und einfach mal die Seele baumeln lassen. Für Andere ein Ausflug, ein lang ersehnter Urlaub, ein kleines Geschenk für sich selbst, oder einfach die Bereitschaft gut von sich selbst zu denken. Anerkennung für die eigene Leistung, Dankbarkeit für all das Positive, das Ihnen zuteil wird usw. - setzen Sie die Liste beliebig fort.
Tun Sie sich jeden Tag etwas Gutes. Denken Sie nicht ausschließlich an sich selbst, aber denken Sie zuallererst daran sich selbst nicht zu vergessen, wenn es darum geht, wem Sie heute etwas Gutes tun können. Sie sind es wert und Sie sollten es sich auch selbst wert sein.
Von einem hohen Selbstwertgefühl profitieren unterm Strich alle
Von Ihrem gesteigerten Selbstwert haben dann alle etwas. Denn Menschen mit einem niedrigen, oder gar fehlenden Selbstwertgefühl, schöpfen ihr volles Potential nicht aus. Sie sind immer irgendwie zu klein, zu groß, zu dick, zu dünn, zu krank, zu arm, zu jung, zu alt oder sonstwie zu … um etwas anzugehen. Der erste Gedanke bei einer Herausforderung ist: Das kann ich nicht. Alle sind gegen mich. Das ist ungerecht etc. pp. Sie verhindern das Bestmögliche aus sich zu machen und damit auch den Nutzen für andere, der daraus entstehen könnte.
Menschen mit einem hohen Selbstwert packen die Dinge an. Sie lassen sich nicht von jedem Gegenwind aufhalten. Sie können andere fördern und unterstützen, statt ihnen alle Aufgaben abzunehmen. Kritik und Angriffe von Außen spornen diese Menschen an, noch besser zu werden. Sie glauben an sich und ihre Möglichkeiten. Sie sind überzeugt, dass sie es schaffen, auch wenn sie noch nicht wissen wie. Sie sind unabhängig und frei. Wenn andere sie mögen und lieben ist das toll, aber sie sind nicht davon abhängig, denn der wichtigste Mensch in ihrem Leben ist ihnen wohlgesonnen - sie selbst.
Ich habe keine Ahnung, ob es jemand gibt, der das in Reinkultur so leben kann - ich habe es jedenfalls noch nicht geschafft - aber vielleicht muss man das ja auch gar nicht. Es reicht vollkommen aus, wenn man jeden Tag ein wenig besser darin wird, sich selbst anzunehmen und es sich wert zu sein, nach den eigenen Vorstellungen zu leben. Finden Sie nicht? Wie sind Ihre Erfahrungen? Ich freue mich, wenn Sie diese mit uns teilen.
Ansonsten viel Erfolg bei der Wertschätzung für sich selbst. Tun Sie sich heute etwas Gutes - Sie brauchen es sich nicht erst verdienen ;-)
Alles Gute und
bis bald
Ihr
Gerd Ziegler