Mythos Ergebnisdenken – Wie Sie Ihre Vorstellungskraft richtig nutzen
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Viele Erfolgsgurus werden nicht müde uns zu erzählen, wir sollen uns das gewünschte Ergebnis nur intensiv genug vorstellen, dann würde es auch in der Realität eintreten. Tatsächlich bleiben diese Ergebnisse aber oft, trotz noch so intensiver Bemühungen, ein Wunschtraum. “Sie haben es nicht hart genug versucht”, hört man dann und kann das Gegenteil nicht beweisen, weil man nicht weiß, was “hart genug” denn eigentlich bedeutet. Man bleibt zurück mit dem Gefühl, irgendetwas stimme mit einem nicht, oder man selbst sei halt nicht fähig dazu.
Tatsächlich hat die Vorstellung einer gewünschten Zukunft eine ganz andere Funktion. Sie dient dazu, zu erforschen, was wir denn wirklich wollen und wie das aussehen könnte. Eine solche Vorstellung dient auch dazu uns zu motivieren und auf das Angestrebte zu fokussieren. Mit der Aufgabe, das Gewünschte in unser Leben treten zu lassen, ist so eine Vorstellung aber meist überfordert – zumindest wenn keine Aktionen daraus hervorgehen.
Aber darum soll es in diesem Beitrag gar nicht gehen, sondern um den richtigen Einsatz, einer Ihrer wichtigsten Werkzeuge, bei der Umsetzung eines glücklichen und erfüllten Lebens – Ihre Vorstellungskraft.
Ein interessanter Versuch dazu fand mit Studenten der University of California* in Los Angeles statt. Sie wurden aufgefordert, sich ein lösbares, aber aktuell für sie belastendes Problem in ihrem Leben, vorzustellen. Zum Beispiel Probleme in einem bestimmten Studienfach, bei der Hausarbeit oder in einer Beziehung. Man sagte den Studenten, das Ziel des Experiments sei es, sie bei der Lösung ihres Problems zu unterstützen.
Dazu erhielten sie eine kurze Anweisung zur möglichen Problemlösung. Eine Gruppe erhielt die Empfehlung, sich ausführlich mit dem Problem zu beschäftigen, darüber nachzudenken und mehr darüber in Erfahrung zu bringen und überlegt, was man tun könne um das Problem zu lösen. Die Problemlösung könne den Studenten ein gutes Gefühl verschaffen und sie könnten durch die Erfahrung wachsen. Nach der Instruktion wurden diese Studenten, als “Kontrollgruppe” benannt und nach Hause geschickt, mit der Anweisung nach einer Woche von ihren Erfahrungen mit der Technik zu berichten.
Eine zweite Studentengruppe, die “Ereignis-Simulationsgruppe”, blieb im Labor. Die Studenten wurden aufgefordert, in einer mentalen Simulation nachzuvollziehen, wie sich das Problem entwickelt hatte. Sie wurden angewiesen sich bildlich vorzustellen, wie das Problem entstand.Von Anfang an sollten die Studenten Schritt für Schritt nachvollziehen, wie sich das Problem entwickelt hat und wie sie auf bestimmte Situationen reagiert haben, was sie gesagt und getan hatten, wer dabei war und wo sich alles zugetragen hat.
Man nahm an, dass es bei der Lösung des Problems helfen konnte, wenn man die Kausalkette zurückverfolgte, so wie Programmierer ein Problem zurückverfolgen und systematisch Fehler ausschließen, oder eben aufdecken.
Eine dritte Gruppe, die sogenannte “Ergebnis-Simulationsgruppe”, sollte sich mental einen positiven Ausgang des Problems ausmalen. Die Studenten sollten sich vorstellen, wie sie aus der belastenden Situation herauskommen. Sie sollten sich die Erleichterung vor Augen führen, die sie empfinden würden und die Befriedigung, die sie fühlen würden, weil sie sich mit dem Problem auseinander gesetzt und es gelöst hatten. Positive Ergebnisse, wie das Selbstvertrauen, das entstehen würde, wegen der erfolgreichen Problembewältigung, sollten ebenfalls einfließen.
Nach Durchführung der mentalen Übungen wurden auch diese beiden Gruppen nach Hause geschickt, mit der Auflage, sich jeden Tag fünf Minuten Zeit für ihre Simulationen zu nehmen und ebenfalls nach einer Woche Bericht zu erstatten.
Was denken Sie? Welche Gruppe wurde am besten mit ihren Problemen fertig?
In diesem Versuch gab es einen klaren Sieger. Die Ereignis-Simulationsgruppe schnitt in fast jeder Hinsicht besser ab, als die anderen beiden Gruppen. Vergangene Ereignisse zu simulieren und sie so nachzuvollziehen, erwies sich als viel hilfreicher, als in zukünftigen Ergebnissen zu schwelgen, oder sich mit dem Problem ansich zu beschäftigen. Schon am ersten Abend nach der ersten Übung zeigte sich ein Unterschied. Die Teilnehmer der Ereignis-Simulationsgruppe waren besserer Stimmung.
Nach einer Woche hatte sich der Vorsprung dieser Gruppe noch vergrößert. Bei den Teilnehmern war die Bereitschaft, Maßnahmen zur Lösung des Problems zu ergreifen, deutlich gestiegen. Sie neigten eher dazu, andere um Rat und Hilfe zu bitten und berichteten, sie hätten etwas aus den Simulationen gelernt und seien gereift.
Zugegeben – das war kein Versuch, der einem empirischen Nachweis Rechnung tragen würde und es können zahlreiche externe Einflussgrößen in das Ergebnis eingeflossen sein, die hier nicht auftauchen. Aber es gibt uns einen Hinweis darauf, dass wir nicht einfach so glauben sollten, was gerade populär und trendy ist. Viele popular-psychologischen Ratgeber, in denen sich die selbsternannten Gurus der Erfolgspsychologie tummeln, werden nicht müde uns aufzufordern, uns den gewünschten Erfolg nur möglichst bildlich und intensiv auszumalen. Dann werden wir ihn auch erreichen.
Tatsächlich mag das sogar förderlich sein – als alleinige Maßnahme ist es aber ungeeignet. In dem oben angeführten Versuch hat sich gezeigt, dass eine positive, mentale Einstellung und Vorstellung nicht genügt. Vielleicht sollten wir, statt uns großen Reichtum vorzustellen, mental noch einmal die Schritte durchgehen, die uns in die Armut geführt haben? Anstatt sich eine intakte Beziehung zu erträumen, wäre es vielleicht besser, noch einmal die Schritte mental nachzuvollziehen, welche die jetzige Beziehung zerstört haben, oder eine mögliche Beziehung verhindert haben?
Warum funktionieren solche mentalen Simulationen überhaupt? Weil wir, wenn wir uns etwas vorstellen, die gleichen Gehirnbereiche einsetzen, wie wenn wir es wirklich erleben. Wenn wir uns ein blinkendes Licht vorstellen, werden die gleichen Hirnregionen beansprucht, wie wenn wir das Licht wirklich sehen und wenn wir uns einen Ton vorstellen, wird der gleiche Bereich aktiviert, wie wenn wir es wirklich hören.
Ihr mentaler Muskel – Ihre Vorstellungskraft – ist ein wichtiges Werkzeug auf Ihrem Weg zu einem selbstbestimmten, glücklichen und erfüllten Leben. Nutzen Sie diesen Muskel intelligent und trainieren Sie ihn immer wieder. Die Vorstellung, was Sie erreichen wollen, sozusagen das Träumen vom Ziel, kann Ihnen gute Dienste leisten um Sie zu motivieren und einen Leitstern zu erstellen auf der Reise zu Ihrem Traumleben. Aber für den konkreten Fortschritt auf Ihrem Weg gibt es bessere Methoden, auch wenn noch soviele Gurus gerne etwas anderes behaupten.
Im Buch “Vom Traum zum Ziel – endlich nach meinen eigenen Vorstellungen leben”, haben wir nicht umsonst dem Thema “Gurus” ein ganzes Kapitel gewidmet, in dem es um solche Irrtümer geht, die auf breiter Front verbreitet werden, weil sie einer vom anderen übernimmt.
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Hören Sie deshalb nicht auf die Dinge zu hinterfragen und für sich selbst auszuprobieren. Wenn eine bestimmte Technik bei Ihnen nicht funktioniert, dann liegt vielleicht so ein Irrtum vor, oder es einfach für Sie nicht der richtige Ansatz. Viele Wege führen nach Rom. Finden oder schaffen Sie den, der zu Ihnen passt und der für Ihr ganz individuelles Vorhaben der richtige ist. Experten können Ihnen Anregungen, Hinweise, Hilfestellungen geben, die Sie auch nutzen sollten, aber die Entscheidung welche davon für Sie passen liegt bei Ihnen.
Wir wünschen Ihnen maximalen Erfolg und viel Glück auf Ihrem Weg.
Bis bald
Ihr
Gerd Ziegler
*Fußnote: Quelle: Der Hinweis auf die Studie stammt aus dem Buch “Was bleibt” von Chip und Dan Heath, Kapitel 6 – Das nicht passive Publikum.
Hallo Herr Ziegler,
Ihren Artikel finde ich sehr differenziert, und aus meiner Sicht wirklich praxisnah. Die Vorstellung bzw. der Glaube an das Gelingen (oder was auch immer) ist aus meiner Sicht ein sehr hilfreiches Mittel, doch das allein reicht nicht aus.
Ich denke, die Erfolgsgurus nehmen vereinfachende “Slogans”, um wie Schlagzeilen ein möglichst breites Publikum erreichen, das häufig nicht an den (als schwierig wahrgenommenen Details) interessiert ist.
Ihre Haltung gefällt mir besser, da sie “das Ganze” betrachtet.
Weiterhin viel Erfolg.
Gerhard Grimm
Hallo Gerd,
ich bin immer wieder begeistert darüber, welche konstruktiven Beispiele ich hier finde. Das ist für mich wahre menschliche Größe und Intelligenz, wenn sich der “mentale Muskel” mit dem Herzmuskel vereint und aus der Fülle an Informationen solch eine Sprache hervor bringt, die auch der nicht so Belesene versteht. Und meine Sympathie wächst noch mehr, weil Sie zeigen wie es möglich ist sachbezogen zu argumentieren ohne emotional abwertend zu sein. Ein gutes Beispiel gerade in der heutigen Zeit, wo andere als kriegerische und aggressive Lösungswege nötig sind. Danke! Helena Esprie