Vom Vegetarier der ein Steakhouse eröffnete
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Werner war eigentlich überzeugter Vegetarier. Er versuchte sogar ganz auf tierische Produkte zu verzichten, auch wenn es ihm nicht immer gelang. Dafür aß er zu gerne Vollmilchschokolade, Käse und einen guten Milchkaffee ließ er auch nicht stehen. Trotzdem tat er das, was er für sein Bestes hielt, um den Genuß tierischer Nahrungsmittel zu vermeiden.
Aber Werner hatte noch ein weiteres Steckenpferd. Er träumte von einem eigenen Gastronomiebetrieb. Ein schnuckliges, gut gehendes Restaurant, das ihm genug Geld einbrachte um davon zu leben und nette Gäste, die er bewirten konnte, das war sein Traum. Allerdings wusste er nicht so recht, wie er das anstellen sollte. Er hatte zwar Erfahrung in der Gastronomie, verstand auch einiges vom Kochen und dem Aufbau eines ordentlichen Service, aber wie man so ein Restaurant aufbaut und führt, das hatte ihm niemand gezeigt.
Was lag also näher als jemand zu fragen, der sich damit auskennt.
Und so engagierte Werner einen Unternehmensberater, der alles haarklein analysierte, ihm seine Möglichkeiten aufzeigte und ihm seine Marktchancen ermittelte. Ein Steakhouse fehle in der Stadt, sagte der Berater. Das sei mittlerweile absolut angesagt und böte die besten Chancen auf eine schnelle Amortisation des investierten Kapitals und eine sehr gute Aussicht profitabel zu arbeiten. Einwände, dass Werner es nicht so toll fände, wenn Menschen Fleisch äßen, ließ der Berater nicht gelten, schließlich müsse der Wurm ja dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. Werner könne ja dieses Grünzeug ja auch nebenher anbieten.
Der Herr Berater wird schon wissen, was gut für mich ist, dachte Werner nach längerer Diskussion, schließlich wollte er ja von seinem Restaurant leben, und wenn es gut lief, konnte er ja immer noch umstellen. Und so kam es, wie es kommen musste. Werner servierte seinen Gästen Speisen, die er selbst verabscheute. Ihm wurde regelmäßig schlecht, wenn er das, was er bisher immer als “Leichenteile” bezeichnet hatte, in die Pfanne hauen musste. Sowohl das Personal, als auch die Gäste merkten sehr schnell, dass hier etwas nicht stimmte. Obwohl die Speisen ordentlich zubereitet und auch schmackhaft waren, schien doch irgendetwas zu fehlen. Der Inhaber, und damit der ganze Laden, war nicht mit dem Herzen dabei. Sie machten ihren Job ordentlich, aber halt wie einen Job. Der anfängliche Besucherstrom versiegte zusehends und schon nach einem halben Jahr, stand das Steakhouse zum Verkauf. Der unglückliche Besitzer meinte, er sei wohl unfähig so ein Restaurant selbständig zu führen, stand in der Zeitung zu lesen.
Für Außenstehende mag diese Geschichte absurd klingen und die Gründe für das Scheitern offensichtlich erscheinen.
Tatsächlich könnte man den Verdacht hegen, das sei eine Geschichte aus dem Reich der Phantasie. Wer würde schon etwas tun, was er gar nicht tun möchte, nur um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten? Oder kennen Sie vielleicht auch ähnliche Fälle?
Tagtäglich entscheiden sich Menschen, gegen ihre Werte, gegen ihre Überzeugungen und letztlich gegen jede Vernunft, Berufe zu erlernen und auszuüben, die nicht das geringste mit ihren Neigungen und Talenten zu tun haben. Da studiert der Sohn Jura, weil der Vater Anwalt ist. Die Tochter lernt Kaufmann, weil sie später mal das Büro im heimischen Betrieb leiten soll. Der junge Mann studiert auf Lehramt, weil Lehrer gerade gesucht werden. Das ist eine sichere Sache. Die junge Frau schlägt die Beamtenlaufbahn ein. Viel lieber würde sie kreativ arbeiten, aber in der heutigen Zeit ist die Beamtenlaufbahn einfach der sicherere Weg.
Dadurch lassen sich Menschen, die einen ausgeprägten Drang zur Kreativität und Forschergeist in Buchhalterjobs drängen, und umgekehrt eher introvertierte Menschen, die Ruhe und Ordnung bevorzugen, zu Verkäufern umschulen. Sie tun das, was ihnen vernünftig erscheint, anstatt das zu verwirklichen, was ihren Talenten und Neigungen entspricht. Sie denken, sie könnten Pflicht und Freude einfach trennen. Alles zu seiner Zeit. Das was einem Freude bereitet, macht man dann halt nach Feierabend und im Urlaub. Aber eine solche Pflichtarbeitszeit kann verdammt lange werden und zäh. Sie lähmt mit der Zeit jegliche Schaffenskraft. Nicht wenige ergeben sich dann irgendwann in ihr Schicksal und warten … auf was auch immer.
Leider kommt da aber kein Befreier, der einen da wieder rausholt.
Und es geschieht im Normalfall auch kein Wunder und jemand schenkt uns unser Traumleben einfach so, weil er uns so nett findet. Wir müssen schon selbst herausfinden, was wir eigentlich wollen. Wenn Sie so wollen, was unsere Bestimmung ist. Danach können wir uns daran machen, unser Leben aktiv an dieser Bestimmung, oder zumindest an unseren Werten, Talenten und Neigungen auszurichten.
Es gibt schließlich genügend Vegetarier, die berufsmäßig Fleisch verkaufen müssen (im übertragenen Sinne, versteht sich).
Sorgen Sie dafür, dass Ihnen das nicht passiert.
Bis bald
Ihr
Gerd Ziegler